Statement zum Polizeieinsatz im Makroscope am 4. November
Am 4. November kam es zu einem Polizeieinsatz gegen eine Kunstaktion, die am und im Makroscope stattfand.
Die Künstler*innengruppe DfA (Deutschland für Alle) projizierte, parallel zur konstituierenden Ratssitzung der Stadt Mülheim, “Bilder deutscher Kontinuitäten” aus einer in unserem Haus gelegenen Wohnung, an die Fassade des gegenüberliegenden Rathauses. Die Gruppe forderte damit die Parteien des Rats dazu auf, nicht mit der AfD-Fraktion zu kooperieren. Der Ringlokschuppen hatte der Gruppe die Nutzung seiner Künstler*innenwohnung für die Aktion gestattet. Projiziert wurden unter anderem Originalaufnahmen aus dem nationalsozialistischen Mülheim und des Pogroms in Rostock-Lichtenhagen. Dazu war der Satz “Alternativen aus Deutschland” zu sehen. Zur inhaltlichen Einordnung und Vermittlung der Aktion verteilten die Mitglieder der Gruppe Flyer an Passant*innen und hatten Plakate in den Schaufenstern des Makroscopes angebracht – Titel: “Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg”.
Nach circa einer Stunde rückten 14 Polizist*innen an und forderten zum Abbruch der Aktion auf. Dies wurde mit dem Verdacht auf Verbreitung verfassungsfeindlicher Symbole begründet – gemeint waren offenbar Hakenkreuzfahnen im historischen Filmmaterial. Ein Mitarbeiter des Makroscope e.V. stellte sich den Beamt*innen als Kooperations- und Ansprechpartner zur Verfügung. Unser Mitarbeiter bot das sofortige Abschalten der Projektion und eine anschließende Klärung der Situation an. Dies genügte den Polizist*innen aber nicht. Sie verschafften sich, ohne richterlichen Beschluss, Zutritt zur betreffenden Wohnung. Es folgte eine anderthalbstündige Maßnahme der Polizei, während derer unser Mitarbeiter sowie zwei Mitglieder der Künstler*innengruppe festgehalten wurden. Trotz des offenkundigen künstlerischen Charakters der Aktion, und obschon die kritische und dokumentarische Verwendung des historischen Filmmaterials eindeutig war, wurden gegen alle drei Personen Anzeigen gefertigt. Zum Abschluss der Maßnahme und unter Hinzuziehung von Beamten des Staatsschutzes wurde ein Datenträger mit dem Filmmaterial beschlagnahmt. Durch dessen Aushändigung konnte ein erneutes polizeiliches Betreten der Wohnung vermieden werden.
Dazu Makroscope-Vorsitzende Cathrin Ernst: “Wir sind irritiert über die Intensität des Polizeieinsatzes. Aus unserer Sicht hätte die Polizei auch deutlich mildere Mittel wählen können, um die Situation vor Ort zu klären.” Schon am folgenden Nachmittag beendete die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wegen des Zeigens verfassungsfeindlicher Symbole und ordnete die Rückgabe des beschlagnahmten Materials an. Einem Pressebericht zufolge strengt die Polizei nun Ermittlungen wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz an. Cathrin Ernst: “Wir fordern von den verantwortlichen Behörden, unmissverständlich klarzustellen, dass keinerlei Interesse an der Kriminalisierung einer pro-demokratischen, mahnenden Kunstaktion besteht.”
Mit herzlichen Grüßen aus dem Makroscope,
Der Vorstand